Man hört gelegentlich, vorsorgliche Untersuchungen sollten auf sämtliche für eine gewisse Krankheit in Frage kommenden Menschen ausgedehnt werden. So seien etwa alle Frauen regelmässig auf Brustkrebs zu untersuchen, oder alle sexuell aktiven Leute sollten sich einem Aids-Test unterziehen. Abgesehen von den horrenden Kosten spricht aber auch eine statistische Überlegung gegen so umfassende Abklärungen: Selbst kleinste Unsicherheiten im einzelnen Test können bei grossen Serien zu riesigen Fehlermengen führen.

Verlangt man beispielsweise von einem Aids-Test eine Sensitivität von 99,8 Prozent, bedeutet dies, dass der Test unter 1000 HIV-Infizierten 998 als solche erkennt. Und die Spezifität eines Tests sagt, wie viel gesunde Menschen er als gesund ausweist. Weist ein Aids-Test eine Spezifität von 99,2 Prozent auf, ergeben sich bei 1000 HIV-freien Untersuchten 992 richtige Resultate. Obwohl die Fehlerquote dieses Tests im Promille-Bereich liegt, würde eine breit angelegte Unter-suchung zu einem Debakel führen.

In der Schweiz zählen etwa 4 Millionen zur Gruppe der sexuell Aktiven. Man schätzt, dass 0,4 Prozent von ihnen mit Aids-Viren angesteckt sind. Landesweit muss man also von 16 000 Infizierten ausgehen, die eine vorsorgliche Untersuchung ausfindig machen müsste. Bei einem Test mit der genannten Sensitivität und Spezifität käme folgendes heraus:

Von den 16000 Virusträgern würden 15 968 als positiv erkannt und 32 verfehlt. Für die Gruppe der 3’984’000 Nichtträger gäbe es 3 ‘952’128 korrekte Negativresultate, aber 31’872 Personen erhielten vorerst den falschen, höchst unangenehmen Befund «HIV-positiv». Die insgesamt 47’840 Personen mit positivem Testergebnis müssten nun noch weitere, aufwendige Tests über sich ergehen lassen, bis die 33 Prozent tatsächlich Infizierten unter ihnen gefunden wären.

Deshalb sind landesweite Untersuchungen bei medizinischen Problemen, die nur einen kleinen Teil der Bevölkerung betreffen, aus statistischer Sicht ganzallgemein wenig sinnvoll. Die bestehende Praxis, einen Test nur den Angehörigen einer Risikogruppe zu empfehlen, ist der Situation weit besser angepasst.

Landesweiter Aids- Test?

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